Regionalisierungsgesetz

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Basisdaten
Titel: Gesetz zur Regionalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs
Kurztitel: Regionalisierungsgesetz
Abkürzung: RegG
Art: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Rechtsmaterie: Besonderes Verwaltungsrecht, Verkehrsrecht
Fundstellennachweis: 9240-3
Erlassen am: 27. Dezember 1993
(BGBl. I S. 2378, 2395)
Inkrafttreten am: 1. Januar 1996
(Art. 11 Abs. 2 ENeuOG)
Letzte Änderung durch: Art. 1 G vom 16. Dezember 2022
(BGBl. I S. 2352)
Inkrafttreten der
letzten Änderung:
21. Dezember 2022
(Art. 3 G vom 16. Dezember 2022)
GESTA: J007
Weblink: Text des Gesetzes
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Das Regionalisierungsgesetz (RegG) ist als Artikel 4 des Eisenbahnneuordnungsgesetzes[1] am 27. Dezember 1993 erlassen worden. Die darin geregelte Regionalisierung des Schienenverkehrs ist einer der drei Hauptinhalte der Bahnreform in Deutschland. Die aufgrund dieses Gesetzes seit 1996 verteilten Geldmittel werden als „Regionalisierungsmittel“ bezeichnet.

Das Gesetz definiert die Sicherstellung einer ausreichenden Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im Öffentlichen Personennahverkehr als eine Aufgabe der Daseinsvorsorge. Im Sinne des Regionalisierungsgesetzes ist öffentlicher Personennahverkehr „die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Verkehrsmitteln im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen. Das ist im Zweifel der Fall, wenn in der Mehrzahl der Beförderungsfälle eines Verkehrsmittels die gesamte Reiseweite 50 Kilometer oder die gesamte Reisezeit eine Stunde nicht übersteigt.“

Während der Schienenpersonenfernverkehr von jedem Eisenbahnverkehrsunternehmen eigenwirtschaftlich, also ohne staatliche Hilfe betrieben wird, wird der Schienenpersonennahverkehr (SPNV) mit Hilfe der Regionalisierungsmittel finanziert. Sie stehen nach § 5 den Ländern vom Bund aus dem Mineralölsteueraufkommen zur Verfügung. Das Land bzw. die Zweckverbände legen die Verkehrslinien, den Verkehrsumfang und weitere Kriterien wie Taktdichte und Fahrzeugeinsatz fest. Auf dieser Basis schließen sie nach einer Ausschreibung einen Verkehrsvertrag mit einem Verkehrsunternehmen ab. Daneben gibt es Direktvergaben und freihändige Vergabeverfahren.

Entwicklung der Regionalisierungsmittel

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Jahr Höhe der Mittel
(in Mio. Euro)
Jahr Höhe der Mittel
(in Mio. Euro)
1996 4 448 2014 07 299
1997 6 136 2015 07 408
1998 6 136 2016 08 200
1999 6 340 2017 08 348
2000 6 697 2018 08 498
2001 6 822 2019 08 651
2002 6 745 2020 11 457a
2003 6 846 2021 10 268b
2004 6 949 2022 14 135cd
2005 7 053 2023 12 398e
2006 7 053 2024 12 725e
2007 6 710 2025 13 061e
2008 6 675 2026 11 908
2009 6 775 2027 12 265
2010 6 877 2028 12 633
2011 6 980 2029 13 012
2012 7 085 2030 13 403
2013 7 191 2031 13 805
a 
davon 2,5 Mrd. € als ÖPNV-Rettungsschirm
b 
davon 1 Mrd. € als ÖPNV-Rettungsschirm
c 
davon 1,2 Mrd. € als ÖPNV-Rettungsschirm
d 
davon 2,5 Mrd. € für das 9-Euro-Ticket
e 
davon 1,5 Mrd. € für das Deutschlandticket

Für das Jahr 2002 wurden die Regionalisierungsmittel auf 6,745 Milliarden Euro festgelegt und sollten ausgehend davon jährlich um 1,5 Prozent steigen. Abweichend davon verständigten sich Bund und Länder für das Jahr 2004 auf eine Kürzung der Mittel von 137 Millionen Euro.[2] Im Frühjahr 2006 wurde aufgrund der Haushaltslage eine weitere Kürzung der Mittel vorgeschlagen. Die Kürzungen wurden am 1. Juli 2006 wirksam. Die Regionalisierungsmittel wurden von diesem Tag an auf einen jährlich sinkenden Pauschalbetrag bis zum Jahr 2008 festgeschrieben. Die Kürzung für die Jahre 2006 bis 2008 sollte insgesamt 1,4 Milliarden Euro umfassen.

Im November 2007 wurde eine weitere Anpassung des Regionalisierungsgesetzes beschlossen. Es sah für das Jahr 2008 Mittel in Höhe von 6,675 Milliarden Euro (−34 Mio. Euro zu 2007) vor. Diese Mittel stiegen jährlich um 1,5 % und erreichten etwa 7,3 Milliarden Euro im Jahr 2014. Mit der Neufassung des Gesetzes wurden die Bundesländer verpflichtet, die Verwendung der Bundesmittel jährlich transparent zu machen.[3] Über das Jahr 2014 hinaus wurden 2007 noch keine Festlegungen getroffen.

Auf der Verkehrsministerkonferenz am 1. und 2. Oktober 2014 in Kiel forderten angesichts der anstehenden Revision der Regionalisierungsmittel die Landesverkehrsminister eine Aufstockung von damals 7,3 Milliarden Euro auf jährlich 8,5 Milliarden Euro. Die Mittel sollen jährlich um 2 Prozent (anstatt zuvor um 1,5 Prozent) steigen, um die stetig steigenden Kosten für Infrastrukturnutzung, Energie und Personal ausgleichen zu können. Die Verteilung der Mittel zwischen den einzelnen Ländern sollte sich zugunsten bevölkerungsreicher Bundesländer ändern und nach dem Kieler Schlüssel festgelegt werden.[4] Ein entsprechender Gesetzentwurf wurde am 28. November 2014 vom Bundesrat eingebracht.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sah dagegen zunächst eine Fortführung der bisherigen Regelung vor, nach der die Mittel für das Jahr 2015 wie zuvor nur um 1,5 % auf etwa 7,4 Milliarden Euro steigen würden, für die Folgejahre sollte zu einem späteren Zeitpunkt eine Einigung gefunden werden. Für das Gesetz wurde am 27. März 2015 der Vermittlungsausschuss angerufen.[5] Bis ein neues Gesetz in Kraft trat, zahlte der Bund Regionalisierungsmittel nur unter Vorbehalt aus.[6]

Im September 2015 einigten sich die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten der Länder auf eine Anhebung der Regionalisierungsmittel im Jahr 2016 auf 8 Milliarden Euro mit einer jährlichen Steigerung von 1,8 Prozent.[7] Die Festlegung war Teil eines zehnseitigen Papiers zur Flüchtlingspolitik.[8] Für das Jahr 2015 wurden rückwirkend die Regionalisierungsmittel auf etwa 7,4 Mrd. Euro festgelegt. Bei einem Bund-Länder-Spitzengespräch wurde am 16. Juni 2016 beschlossen, vom Jahr 2016 an weitere Mittel von jährlich 200 Millionen Euro für die Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen bereitzustellen.[9]

Während das Regionalisierungsgesetz in den ersten 20 Jahren seit der Regionalisierung nur vier Mal novelliert wurde, fanden seit 2020 aufgrund der Corona-Pandemie und der Folgen des russischen Kriegs in der Ukraine fünf Änderungen statt.[10] 2020 wurden die Regionalisierungsmittel für den Zeitraum von 2020 bis 2031 um insgesamt 5,2 Milliarden Euro erhöht.[11][12]

Von 2020 bis 2022 existierte ein ÖPNV-Rettungsschirm, um Einnahmeausfälle durch die COVID-19-Pandemie auszugleichen, der jeweils zur Hälfte von Bund und Ländern finanziert wird. Dafür können vom Bund bis zu 2,5 Mrd. Euro im Jahr 2020, bis zu 1 Mrd. Euro im Jahr 2021 und bis zu 1,2 Mrd. Euro im Jahr 2022 bereitgestellt werden.[13] Über das Regionalisierungsgesetz wurde außerdem die Finanzierung des 9-Euro-Tickets durch den Bund mit 2,5 Milliarden Euro geregelt.

Im Zuge der Diskussion über ein Nachfolgemodell für das 9-Euro-Ticket forderten die Verkehrsminister der Länder im August 2022 eine weitere Erhöhung der Regionalisierungsmittel, um steigende Energiepreise zu kompensieren.[14] Am 20. November 2022 einigten sich die Bundesregierung und die Landesregierungen auf eine Erhöhung der Regionalisierungsmittel um eine weitere Milliarde Euro für das Jahr 2022 und eine jährliche Dynamisierung der Mittel um 3 anstatt 1,8 Prozent. Damit sollen in den Jahren 2022 bis 2031 insgesamt 17,3 Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt werden. Die entsprechende Änderung des Regionalisierungsgesetzes trat im Dezember 2022 in Kraft.[15]

Inflationsbereinigte Entwicklung

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Auch wenn die Regionalisierungsmittel zwischen 1996 und 2005 sowie seit 2008 nominal gestiegen sind, stagnieren die Ausgaben inflationsbereinigt seit 2007. Vielerorts reagierten Verkehrsverbünde auf die steigenden Kosten mit einer Erhöhung der Fahrkartenpreise.[16] Ein Gutachten des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen und Roland Berger prognostizierte 2021 einen Kostenanstieg zwischen 2018 und 2030 von 32 Prozent bei Annahme einer jährlichen Inflationsrate von 1,5 Prozent.[17]

Bedeutung der Regionalisierungsmittel

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In Folge der Kürzung der Regionalisierungsmittel zwischen 2006 und 2008 verloren einige Kommunen ihren Anschluss an den Schienenverkehr, andernorts wurden Taktungen reduziert.[18] Allein der Marktführer DB Regio reduzierte im Jahr 2007 seine Leistungen um 5,3 Mio. Zugkilometer.[2] Gegner der Kürzungen hatten zuvor vor dieser Entwicklung gewarnt und kritisiert, damit bremse man den Trend steigender Fahrgastzahlen.[19] Laut Angaben der Allianz pro Schiene ist bei einer Steigerung der Regionalisierungsmittel von 2000 bis 2013 um 8,7 Prozent die Verkehrsleistung im Schienenpersonennahverkehr (in Personenkilometern) um 31,9 Prozent gewachsen. Von 1996 bis 2013 sei die Zahl der Fahrgäste im regionalen Schienenverkehr um über 60 Prozent gestiegen.[20]

Der Bundesrechnungshof kritisierte 2021 die geringen Eigenbeiträge der Bundesländer zur Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs. Diese lägen 2017 nur bei 19,5 Prozent, die übrigen Mittel stelle der Bund über die Regionalisierungsmittel, obwohl es sich um eine Landesaufgabe handele. Das Verhältnis habe sich gegenüber 2016 kaum verbessert.[21] Dabei waren die Anteile der Eigenmittel in Hamburg, Berlin und Niedersachsen besonders hoch; Brandenburg, Thüringen und Sachsen-Anhalt verließen sich demnach weitgehend auf die Regionalisierungsmittel des Bundes.[22]

Einzelnachweise

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  1. Eisenbahnneuordnungsgesetz - Wortlaut und Gesetzesmaterialien
  2. a b Deutsche Bahn AG: Wettbewerbsbericht 2007 (Memento vom 30. September 2007 im Internet Archive) (PDF, 6,6 MB), S. 17 f.
  3. Art. 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes (BGBl. 2007 I S. 2871)
  4. Minister einigen sich auf neuen Verteilungsschlüssel bei ÖPNV-Finanzierung. Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie des Landes Schleswig-Holstein, 2. Oktober 2014, abgerufen am 5. Juli 2022.
  5. Vermittlungsausschuss zum Regionalisierungsgesetz angerufen (Memento vom 20. Mai 2015 im Internet Archive)
  6. Jan Berger: Wie viel darf der Regionalverkehr kosten? In: Heilbronner Stimme. 5. März 2015, S. 3.
  7. Fabian Ziehe: Förderung für die Schiene: Land profitiert stark. In: Südwest Presse. 26. September 2015, ZDB-ID 1360527-6, S. 6 (online).
  8. Sven Böll: Böses Spiel. In: Der Spiegel. Nr. 31, 2016, S. 70 f. (online).
  9. Kein Durchbruch bei Bund-Länder-Finanzen. In: Zeit Online. 17. Juni 2016, abgerufen am 18. Juni 2016.
  10. Felix Berschin, Michael Holzhey, Thomas Petersen, Carolin Thalhofer, Jannis Voll: Ermittlung des Finanzbedarfs für den ÖPNV bis 2031 - Kurzbericht. In: Bundesministerum für Digitales und Verkehr. 23. August 2023, abgerufen am 3. Oktober 2023.
  11. Fünftes Gesetz zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes - Text, Änderungen, Gesetzesmaterialien
  12. Bund erhöht Regionalisierungsmittel. Abgerufen am 21. Januar 2021.
  13. Siebtes Gesetz zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes - Text, Änderungen, Gesetzesmaterialien
  14. tagesschau.de: 9-Euro-Ticket: Länder fordern vom Bund "zeitnahen" Vorschlag. Abgerufen am 27. August 2022.
  15. Änderung des Regionalisierungsgesetzes. Mehr Geld für den ÖPNV. Deutsche Bundesregierung, 18. November 2022, abgerufen am 23. November 2022.
  16. n-tv NACHRICHTEN: Auch Bus- und Bahnfahren wird teurer. Abgerufen am 14. September 2022.
  17. Roland Berger/Intraplan/Florenus im Auftrag des VDV: Verkehrswende gestalten – Gutachten über die Finanzierung von Leistungskosten der öffentlichen Mobilität. VDV Verband Deutscher Verkehrsunternehmen, 11. Juni 2021, S. 14, abgerufen am 14. September 2022.
  18. G.W. Heinze; Heinrich H. Kill: Finanzierung des ÖPNV in dünnbesiedelten, strukturschwachen Regionen: Neue Wege zu einem attraktiven ÖPNV. Berlin Juli 2008, S. 68 (tu-berlin.de [PDF]).
  19. Verkehrsclub Deutschland: Geplante Kürzung der Regionalisierungsmittel. In: VCD Hintergrundpapier. 28. März 2006, abgerufen am 27. August 2022.
  20. Allianz pro Schiene (Hrsg.): Stadt, Land, Schiene. 4. Auflage. Berlin 6. Dezember 2014 (Online [PDF]).
  21. Bericht an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages nach § 88 Abs. 2 BHO zur Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs mit Regionalisierungsmitteln im Jahr 2017. (PDF; 389 kB) In: Bundesrechnungshof. 11. Februar 2021, archiviert vom Original; abgerufen am 27. August 2022.
  22. Paul Meerkamp: So wenig zahlen die Bundesländer für den ÖPNV. In: Tagesspiegel. Tagesspiegel Background Verkehr & Smart Mobility, 10. August 2022, abgerufen am 27. August 2022.