Schäferei

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Schäfer mit Herde in Griechenland

Die gewerbliche Schäferei umfasst die Behütung, Zucht und Verwertung (Milch, Fleisch, Wolle, Leder) von Schafen. Der Ausbildungsberuf des Schäfers (veraltet: Schafhirt) hat die amtliche Bezeichnung Tierwirt, Fachrichtung Schäferei. Vor der Ausbildung leistet man nur in Bayern ein Jahr lang ein Berufsgrundschuljahr (BGJ) ab.[1] Die Ausbildung umfasst drei Jahre mit einer Abschlussprüfung. Es besteht anschließend die Möglichkeit zur Ablegung der Meisterprüfung.[2]

Schäfer mit Hund und Herde (1986)
Schäfer auf dem Wappen von Jonsdorf

Schafe werden zumeist in Herden gehalten, die ein Hirte mit der Hilfe von Schäfer- oder Hütehunden behütet. Typisch ist dabei, dass der Schäfer seine Herde ‚nomadisierend‘ durch offenes, allgemein zugängliches Land führt (Wanderschäfer), während anderes Vieh in der Regel im Stall steht oder auf der Weide, die dem Bauern gehört. Hierbei unterscheidet man zwischen Hüte- und Koppelschafhaltung.

Der Beruf des Schäfers beschränkt sich nicht nur darauf, Produzent von Schaffleisch und Schafswolle zu sein. Die Preise für Schaffleisch und Wolle sind in den letzten Jahren erheblich gefallen. Ein Schäfer ist auch Landschaftspfleger, denn die Landschaften, die nicht durch Schafe beweidet werden, würden sonst innerhalb kurzer Zeit mit Bäumen und Sträuchern zuwachsen.[3] Für die Tätigkeit als Landschaftspfleger stellt die Europäische Union Mittel zur Verfügung.

Die Aufgabe des Schäfers ist insbesondere, Futterplätze zu finden, die Herde zusammenzuhalten und vor Gefahren zu schützen. Früher übernachteten manche Schäfer in kleinen hölzernen Schäferkarren direkt bei ihrer Herde. Ein traditionelles Werkzeug ist die Schäferschippe.

Schafherde auf einem Stoppelfeld in der Rhön

Zu den Aufgaben eines Schafhirten gehört

  • Ablammung und Aufzucht der Tiere, einschließlich Kenntnisse der Anatomie, Physiologie, Züchtung, Rassenkunde und der Reproduktion von Schafen;
  • Wissen über Weidewirtschaft und Futtergewinnung;
  • Beherrschung der Schafhaltung allgemein, wozu auch Stallbau, Pferchtechnik, Hygienemaßnahmen sowie Kenntnisse von Tierkrankheiten zählen;
  • Hütetechnik mit dem Herdenhund und dessen Ausbildung sowie Wolfsabwehr;
  • die Produktion von Wolle, Fleisch und Milch sowie die Vermarktung dieser Produkte. Deswegen sollte er auch das tierschutzgerechte Schlachten seiner Schafe beherrschen.
Schafzucht auf einer Farm in Namibia (2017)

Die Schäferei gehört zu den ältesten Gewerben der Welt. Die Domestizierung des Schafes begann vor 10.000 Jahren in Kleinasien und hat sich von dort über ganz Asien und Europa verbreitet. Zu früherer Zeit galt die Schäferei als unehrlicher Beruf.[4] Sie spielt heute in der Landwirtschaft Europas eine eher untergeordnete Rolle, während sie vor allem in Asien und Afrika bis heute als Subsistenzwirtschaft praktiziert wird.

Jüngere Geschichte am Beispiel der Rhön

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aus dem Hochstift Fulda sind aus alten Akten besonders ab dem 18. Jahrhundert verschiedene Formen der Schäferei überliefert:

  • Als Erbschäferei wurden Schäfereien bezeichnet, in denen meist größerer Landbesitz besiegelt durch eine Verleihungsurkunde in den Besitz des Schäfers überging. Meist wurden damit Gutshöfe bedacht und es war die seltenere Variante.
  • Als Laßschäferei wurde eine frühe Form von Genossenschaften benannt. Die Genossen hatten keinerlei Besitzanspruch an den Flächen und mussten jährlich neu deren Nutzung beantragen. Die Herrschaft legte dabei die abzugebenden Lämmer fest und bestimmte auf welchen Hutungen die Genossen eine festgelegte Anzahl an Schafen halten durften.
  • Eine weitere Form war die Gemeinheit. Darunter verstand man Flächen im Gemeindeeigentum zur gemeinsamen Koppel- oder Hütehaltung. Das Nutzungsrecht stand dabei oft mehreren Gemeinden gemeinsam zu und lässt sich auf die gemeine Mark zurückführen. Diese Gemeinheiten (Allmenden) wurden in der Rhön erst in den 1870. Jahren aufgelöst.[5]

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden Schafe dann hauptsächlich in Gemeinde-, Genossenschafts- und in manchen Gebieten Wanderschäfereien gehalten. In Hessen-Nassau gab es 1913 56 Gemeindeschäfereien und 256 Genossenschaftsherden.[6]

Schafhaltung in der DDR

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der DDR wurden Schafe vor allem zur Wollproduktion gehalten. Auf diese Weise konnten Devisen für den Import von Schafwolle aus Australien oder Neuseeland gespart werden. Das führte zum Aufbau von 6000 Schafherden mit 2,65 Mio. Tieren (gesamte Bundesrepublik 2018: 1,6 Millionen Tiere).[7] Das Lammfleisch wurde zu 90 % in die Bundesrepublik und in den arabischen Raum exportiert. Jede LPG wurde verpflichtet, eine Schafherde zu halten. In der DDR waren ca. 6000 Schäfer tätig, der Berufsnachwuchs wurde an einer speziellen Schäferschule ausgebildet. Nach der Wende entfiel die Notwendigkeit der Devisenbeschaffung und der Schafbestand sank deutlich.[8]

Schäfer und Musik

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Titelblatt der mecklenburgischen Scheffer-Ordnung von 1578

„Ein Schäfer muß auch auf einem Blas-Instrumente spielen können, nicht des alten Wahns wegen, daß die Schafe mehr durch die Musique, als durch das Weiden und durch das Futter sollen fett werden, sondern deswegen, weil die Schafe (wie die Erfahrung bestätiget) vor andern Thieren, insbesonderheit die Musique lieben: sie gedeyen davon ungemein, und werden dadurch sehr munter. Ausserdem ist es dem Schäfer sehr bequem, mit der Flöte seine Heerde commandieren zu können: wie auch die ausländischen Schäfer thun, die mit gewissen Stückchen auf ihrer Sackpfeifen sie zusammen halten, selbige an sich rufen, und wieder wegtreiben.“

Friedrich Wilhelm Hastfer: Ausführlicher Unterricht von der Wartung der besten Art von Schafen, zum gemeinen Nutzen ertheilet. Leipzig 1785

Seit 2020 ist die Süddeutsche Wander- und Hüteschäferei Teil des Bundesweiten Verzeichnisses des immateriellen Kulturerbes der Deutschen UNESCO-Kommission.[9]

Im Jahr 2017 zählte der Bundesverband Berufsschäfer in Deutschland 989 hauptamtliche Schäfer sowie 1,1 Millionen Mutterschafe, 0,6 Millionen weniger als im Jahr 2001. Laut Schafsreport Baden-Württemberg lag der Durchschnittslohn bei 6,15 Euro pro Stunde.[10]

Weitere Bedeutungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die besondere Stellung des Schäferberufes hat in der christlichen Symbolik (der gute Hirte, das verlorene Schaf) und in der Schäferdichtung Niederschlag gefunden.

Viele Künstler haben diese Symbolik in ihrem Werk zitiert, beispielsweise Johann Georg Mohr mit Darstellungen von Schäfern im Taunus.

  • Schafzucht. Das Magazin für Schaf- und Ziegenhalter. Ulmer, Stuttgart, 2006–, ISSN 1862-0264 (1909–1980 unter dem Titel: Deutsche Schäfereizeitung, 1981–2005 Deutsche Schafzucht, ISSN 0720-0862)
  • Annette Arnold, René Reibetanz: Alles für das Schaf. Handbuch für die artgerechte Haltung. pala, Darmstadt 2008, ISBN 978-3-89566-236-2.
  • Carolin Eiberger: Ökologische Schafhaltung in Deutschland. Status Quo und Zukunftsperspektiven. Empirische Untersuchung und ökonomische Bewertung. Logos, Berlin 2006, ISBN 978-3-8325-1394-8 (Dissertation an der Universität Hohenheim 2006, 181 Seiten7).
  • Wolfgang Jacobeit: Schafhaltung und Schäfer in Zentraleuropa bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. 2. Auflage. Akademie-Verlag, Berlin 1987, ISBN 3-05-000144-5.
  • Helmut Kühnemann: Schafe. 2. Auflage. Ulmer, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8001-5473-9 (= Ratgeber Nutztiere).
  • Friedrich-Wilhelm A. Reckfort: Wanderschäfer. Arbeit und Leben, Wirtschaft und Soziales. Waxmann, Münster / New York, NY 1994, ISBN 3-89325-165-0 (Dissertation Universität Münster 1992, 250 Seiten, unter dem Titel: Wanderschafhaltung im westfälischen Raum).
  • Wolfgang Schlolaut, Günter Wachendörfer: Handbuch Schafhaltung. 5. Auflage. DLG-Verlag, Frankfurt am Main 1992 (u. a. Verlage), ISBN 3-7690-0492-2.
  • Julius Scholz: Das Schäfereirecht nach gemeinem Rechte und mit besonderer Rücksicht auf die Gesetze mehrerer deutschen Staaten. Für Juristen und Landwirthe. Vieweg, Braunschweig 1837 (Digitalisat).
  • Iman Sharief: Die Lebensmittelkette beim Schaf : Transfer von Zoonoseerregern vom Tier zum Lebensmittel, Freie Universität Berlin 2015 DNB 107315078X (Dissertation FU Berlin 2015, Volltext online, PDF, kostenfrei, 155 Seiten, 2,56 MB).
  • Albrecht Thaer: Handbuch für die feinwollige Schaafzucht. Maeckensche Buchhandlung, Reutlingen 1811 (Digitalisat).
Commons: Schäfer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Zur Ausbildung des Schäfers auf www.lfl.bayern.de. Abgerufen am 28. Dezember 2010
  2. Alm- und Zuchtprojekt Alpines Steinschaf. Abgerufen am 30. Mai 2021.
  3. mai/dpa: Beruf: Schafe suchen Schäfer. In: Focus Online. 7. April 2007, abgerufen am 14. Oktober 2018.
  4. Theodor Hornberger: Der Schäfer. Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 1955, S. 38–42.
  5. Hubert Beier: Untersuchungen über 70 Jahre organisierte Rhönschafzucht und die sich daraus ergebenden Folgerungen für die Zukunft dieser Rasse, Gießen, 1984, Dissertation an der Justus-Liebig-Universität Gießen, S. 21/22
  6. Hubert Beier: Untersuchungen über 70 Jahre organisierte Rhönschafzucht und die sich daraus ergebenden Folgerungen für die Zukunft dieser Rasse, Gießen, 1984, Dissertation an der Justus-Liebig-Universität Gießen, S. 22–25
  7. FAOSTAT. Abgerufen am 30. Mai 2021.
  8. Die Schäferschule auf der Website der Stadt Wettin-Lobejün, abgerufen am 9. August 2020
  9. Bundesweites Verzeichnis Immaterielles Kulturerbe. Abgerufen am 13. März 2022.
  10. Annette Bruhns: Das verlorene Schaf. In: Der Spiegel. Nr. 33, 2018, S. 52 f. (online).