BSt Bauart 1927

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TM 33, TM 34, TM 36
„Schützenwagen“
Schützenwagen
Schützenwagen
Schützenwagen
Nummerierung: 3301–3600 (ursprünglich)
3300–3355 (TM 33)
3801–3850 (TM 34)
3401–3594 (TM 36)
Anzahl: 300 Triebwagen
Hersteller: C&U, AEG
Baujahr(e): 1927–1929
Achsformel: Bo
Spurweite: 1435 mm (Normalspur)
Länge: 11.600 mm
Breite: 2.130 mm
Drehgestellachsstand: 3.600 mm
Leermasse: 20,3 t
Stundenleistung: 80 kW
Motorentyp: Tatzlagermotor
Stromsystem: 600 V =
Stromübertragung: Oberleitung
Anzahl der Fahrmotoren: 2
Kupplungstyp: Albertkupplung
Sitzplätze: 28–32 (je nach Ausführung)

Bei der als „Schützenwagen“ bezeichneten Bauart 1927 handelt es sich um eine Serie von 300 Mitteleinstiegs-Triebwagen, ursprünglich mit Schützensteuerung ausgestattet, die 1927 von der Waggonbauanstalt Christoph & Unmack, Niesky und der AEG entwickelt und mit anderen Waggonbaufirmen bis 1929 an die Berliner Straßenbahn-Betriebs-GmbH, eine Vorgängergesellschaft der BVG, geliefert wurden.

Wegen schwerer konstruktiver Sicherheitsmängel der Bremsausrüstung musste die komplette Serie 1931 aus dem Betrieb genommen werden. Nach einem grundlegenden Umbau in den Jahren 1933 bis 1938 bezeichnete die spätere BVG die sich nun in ihren technischen Parametern unterscheidenden Fahrzeugserien als TM 33, TM 34 und TM 36. Die TM-Wagen waren die letzten Straßenbahnwagen, die bei der BVG-West bis 1967 im Einsatz gewesen sind. Bei der BVG-Ost hielten sich diese Wagen bis 1971 im Linienbetrieb. Mit einer Fahrzeuglänge von 11,60 m bei einem Achsstand von 3,50 m waren sie die längsten zweiachsigen Fahrzeuge Berlins.

Dem damaligen Muster vieler Städte folgend erhielt auch Berlin 1926 eine zehn Stück umfassende Serie von Straßenbahnwagen, die statt der bisher am Wagenende befindlichen Einstiegsplattformen nunmehr mit einem Eingangsbereich in der Wagenmitte ausgestattet waren. Da die jeweiligen Wagen nur über einen Führerstand verfügten, konnten diese nur als Doppelzug eingesetzt werden. Sie wurden daher oft als Zwillingstriebwagen bezeichnet. In den 1930er Jahren wurden die Zwillingszüge getrennt und die Fahrzeuge nach Ausbau der linken Einstiegstüren als Einrichtungswagen mit der Typenbezeichnung TEM 26 eingesetzt.

Die guten Erfahrungen mit den Zwillingswagen veranlasste die BSBG 1927 eine größere Serie des Mitteleinstiegstypen in Auftrag zu geben. Dabei spielten sowohl technische als auch verkehrspolitische Gründe eine Rolle. Der in den USA beginnende Autoboom hatte schon in den Goldenen Zwanzigern zum Abbau von Straßenbahnnetzen geführt. Die deutschen Betriebe wollten mit einer Erhöhung des Komforts für den Fahrgast die Attraktivität und die Wirtschaftlichkeit des Betriebes steigern. Als weitere geeignete Maßnahme sah man eine Erhöhung der durchschnittlichen Reisegeschwindigkeit und den Übergang zu Zügen aus mehreren Triebwagen an. Eine weitere Anschaffung von Fahrzeugen war in Berlin ohnehin nötig, da der Fahrzeugpark der Berliner Straßenbahn teilweise deutlich überaltert war. Selbst die Vorgängerserie T 24/T 25, zwar mit 500 Triebwagen und 800 Beiwagen die größte jemals beschaffte Straßenbahn-Fahrzeugserie in Deutschland, konnte den Mangel an modernen Fahrzeugen nicht kompensieren; außerdem musste sie sich in ihrer Konstruktion dem eng gesteckten wirtschaftlichen Rahmen beugen und war wegen ihrer schwachen Motorisierung und der einfachen fahrgestelllosen Bauart alles andere als technisch fortschrittlich.

Die Schützenwagen wiesen als bedeutendes Novum eine Schützensteuerung auf, die dieser Wagenserie auch ihren Namen gab. Bei dieser Bauart floss über den Fahrschalter nicht – wie sonst üblich – der Fahrmotorenstrom, sondern lediglich der Kleinspannungs-Steuerstrom der Schützensteuerung (Schütze sind elektrische fernbediente Starkstromschalter). Es war geplant, auf diese Art Züge zu bilden, die aus bis zu drei Triebwagen (mit gegebenenfalls zwei zwischengekuppelten Beiwagen) bestanden hätten. Dies war ebenso im Innenstadtbereich als auch bei starkem Ausflugsverkehr bedeutsam, denn nun konnten Züge ohne Einschränkung der Fahr- und Bremsleistungen flexibel verstärkt werden: Jeder Wagen war ein Triebwagen. Die oben erwähnten Beiwagen waren Mitteleinstiegs-Niederflur-Beiwagen der späteren Typen BM 28/35 beziehungsweise 28/37 die in Zügen mit bis zu fünf Wagen (drei Triebwagen mit zwei zwischengekuppelten Beiwagen) laufen sollten, allerdings kam diese Betriebsform über das Versuchsstadium nicht hinaus. Für den Fahrgast war besonders die für damalige Verhältnisse geringe Höhe des Wagenfußbodens von 650 mm über Gleis- und Straßenniveau augenscheinlich. Die starke Motorisierung mit 40 kW pro Achse ermöglichte diesen Zügen die geforderte Verminderung der durchschnittlichen Reisezeiten und dem Verkehrsbetrieb die Einsparung von Personal und Zügen, da der Umlauf beschleunigt wurde.

Desaster nach konstruktiven Mängeln der Bremssteuerung

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Im Betrieb bewährten sich die Fahrzeuge nicht. Vor allem die neuartige Bremsausrüstung führte zu einem Desaster. Die Betriebs- und Notbremsung erfolgte mit einer so genannten Kurzschlussbremse, die durch Sandstreuung unterstützt wurde. Als zweite Bremseinrichtung kam eine elektrisch betätigte Federspeicher-Ankerzangenbremse zur Anwendung, die beim Halt eines Zuges als Festhaltebremse, sowie bei Zugtrennungen tätig wurde. Sie ersetzte damit die konventionelle, durch Kurbel betätigte, Handbremse. Allerdings legte die Federspeicherbremse auch allem bei Netz- und Steuerstromunterbrechungen an. Genau diese Bremsbauart wurde den Schützenwagen zum Verhängnis. Denn bei Fahrstromausfall öffneten sich alle Schütze. Dies hatte zur Folge, dass

  • die elektrische Bremse nicht mehr zu bedienen war, da die Schütze spannungslos wurden
  • die Federspeicherbremse anlegte
  • die Sandstreuer ausfielen
  • der Zug sich der Kontrolle durch den Fahrer vollständig entzog.

Das Anlegen der Federspeicherbremse

  • konnte den Wagenzug nicht in kürzester Zeit zum Stehen bringen, denn dafür war die Bremsleistung zu schwach
  • war nicht regelbar: auf schlüpfrigen Schienen blockierten die Achsen, der Zug rutschte.

Wurde der Zug also in einer Situation spannungslos, wo gebremst werden musste, war ein Unfall kaum noch zu vermeiden. Da die Berliner Straßenbahn damals noch mit Rollenstromabnehmern fuhr, die relativ häufig von der Fahrleitung absprangen, kam es in der Folge zu spektakulären Unfällen, die auch in der Presse ausgiebig erörtert wurden, wodurch der Ruf dieser neuen Fahrzeuge in kurzer Zeit restlos ruiniert wurde. Es kam sogar dazu, dass Fahrgäste den Einsatz von anderen Typen auf „ihren“ Linien forderten und teilweise Fahrer sich weigerten, auf Schützen-Wagen Dienst zu verrichten.

Zuerst behalf man sich damit, diese Triebwagen nicht solo einzusetzen, in der Hoffnung, dass wenigstens ein Stromabnehmer an der Fahrleitung bleibt, aber dieses Vorgehen erwies sich letztlich als ungeeignet, denn bei Spannungsausfall in der Fahrleitung oder Absprung beider Stangen kam der Zug doch wieder in einen unkontrollierbaren Zustand, es kam weiterhin zu Unfällen. Eine Bremse, die auch bei Spannungsausfall betriebssicher ist, wie bei der konventionellen direkten Ansteuerung der Fahrmotoren, in Verbindung mit einer, über Kurbel, betätigten Handbremse, besaßen diese Straßenbahnwagen entsprechend der Philosophie ihrer Konstruktion nicht.

Im Jahre 1931 musste die BVG alle 300 Schützenwagen aus dem Verkehr nehmen. Sie sah sich gezwungen, eigentlich zur Ausmusterung vorgesehene Wagen aus der Jahrhundertwende, die noch mit offenen Plattformen ausgestattet waren, weiter einzusetzen, was dem Image eines modernen Großstadtverkehrs natürlich widersprach. Als erste Ersatzmaßnahme baute die BVG in eigener Werkstatt Mitteleinstiegswagen des Typs TM 31U, in die Teile von Berolina-Wagen eingebaut wurden, sowie die noch relativ neuen Fahrmotoren aus dem Typ U3l.

Die TM-Wagenserie

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Sämtliche neuen „Schützenwagen“ standen in den Betriebshöfen abgestellt. Anderthalb Jahre dauerten die Auseinandersetzungen mit dem Konstrukteur der elektrischen Einrichtungen (AEG) und die Planungen für die notwendigen Modifikationen, die dann einvernehmlich zwischen der BVG und der AEG ausgeführt wurden.

Der Forderungskatalog sah den Einbau einer, von der Oberleitungsspannung, unabhängigen Betriebsbremse vor, sowie einen eigenen Fahr- und Bremsstromkreis für jeden Triebwagen in einem Zuge, die aber weiterhin von einem Fahrschalter gesteuert werden sollten. Das Schaltprinzip der Fahrmotoren sollte wieder der gewöhnlichen Bauart entsprechen. Dieser Forderung entsprach am ehesten eine Zweiwagen-Verbundsteuerung mit durchgehenden Starkstrom-Fahr- und Bremsstromkreisen. Mit einem Fahrschalter konnten damit alle, bis zu vier, Fahrmotoren gesteuert werden. Daher nannte man diese Wagen nun Verbundzüge, mit denen bis zu zwei Triebwagen von einem Fahrschalter aus gesteuert werden konnten, die Bildung von Dreiwagen-Zügen – wie ursprünglich geplant – war nun nicht mehr möglich. Zunächst baute die AEG sechs Wagen probehalber um. Besonders auffallend waren an diesen die schweren Starkstromkabel an den Wagenenden, sowie die zum Teil mit Blech abgedeckten und dadurch verkleinerten Führerstandsfenster, da nun größere Starkstrom-Fahrschalter eingebaut werden mussten. Der Umbau bewährte sich, so dass noch im Laufe des Jahres 1933 weitere 50 Verbundwagen umgebaut und in Dienst gestellt wurden, die die Typenbezeichnung TM 33 erhielten. Aus Geldmangel wurde aber der teure Umbau damit zunächst abgebrochen. Diese Fahrzeuge wurden in der Nummerngruppe 3300–3355 zusammengefasst.

TM 34 in Köpenick

Natürlich sollten aber auch die übrigen neuen Fahrzeuge wieder betriebstauglich gemacht werden. Daher wurden weitere ehemalige Schützenwagen umgebaut. Im Gegensatz zur Vorgängerserie TM 33 erhielten die nächsten Wagen nur eine billigere Einfachsteuerung und waren damit entweder als Solo-Wagen oder mit einem Beiwagen einsetzbar. Auch sah man es als erforderlich an, außer den Mitteleinstiegstüren zusätzlich in Fahrtrichtung rechts vorne eine weitere Ausstiegstür einzubauen. Bei starkem Fahrgastandrang „verstopfte“ die Mittelplattform leicht, daher kehrte die BVG bei einer späteren Umbauserie wieder zu Endeinstiegswagen (Serie T 33 U) zurück. Zusätzlich gab es Modifikationen an der Inneneinrichtung. Die TM 34 waren zwar für spätere Zeiten zum Umbau auf die Verbundbauart vorgesehen, doch dazu ist es nicht gekommen. Im Einsatz liefen die TM 34-Typen unter den Nummern 3801–3850.

TM 36 am Museumsbahnhof Schönberger Strand

Mit den Olympischen Spielen, die für 1936 nach Berlin vergeben wurden, sollte sich die Straßenbahn in moderner Form der Weltöffentlichkeit repräsentieren. Um aber die noch vorhandenen Vierachswagen mit offenen Plattformen ausmustern zu können, waren weiter neue Wagen erforderlich. Dazu sollten die restlichen 194 Schützenwagen umgebaut werden. An diesen Wagen erfolgte der umfangreichste Umbau. Kurz beschrieben, ist dieser Fahrzeugtyp eine Symbiose der Wagenserien TM 33 und TM 34. Diese Wagen erhielten wieder die in den TM 33 inzwischen bewährte Verbundsteuerung. Wagenbaulich wurden die Fahrzeuge nach dem Vorbild der TM 34-Serie ebenfalls mit einer vorderen Ausstiegstüre an der rechten Seite ausgestattet. Im Unterschied zu den Vorgängerserien wurden auch die Kabel auf dem Wagendach in einem Kabelkanal geführt und der Dachbereich erhielt eine gefällige Verkleidung, die die Wagen optisch aufwertete. Gleichzeitig wurde mit diesen Fahrzeugen die Außenwerbung an Straßenbahnfahrzeugen in Berlin eingeführt. Ebenso bekamen sie von Anbeginn das typische Beige, welches reichsweit als Einheitsfarbgebung bei allen Nahverkehrsbetrieben eingeführt werden sollte. Den TM 36-Wagen wurden die Nummern 3401–3594 zugewiesen.

Nachkriegsentwicklung

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Der Zweite Weltkrieg blieb für die Schützenwagen nicht ohne Folgen. 72 Wagen, fast ein Viertel des Bestandes waren zerstört worden. Viele Verbundwagen gingen ihrer Steuerung verlustig und waren nur noch – wie die TM-34-Serie – als Solowagen unterwegs. Mit der nun beginnenden Umrüstung des Berliner Straßenbahnnetzes vom Betrieb mit Stangen- auf Scherenstromabnehmer veränderte sich das Erscheinungsbild aller TM-Wagen ab 1948. Im Zuge der Berliner Teilung nach der Währungsreform und der Aufspaltung der BVG in eine West- und eine Ostverwaltung wurde auch der Wagenpark der Berliner Straßenbahn aufgeteilt, davon waren die TM-Wagen aller drei Unterserien betroffen. Die West-BVG baute in allen Verbundwagen die Verbundsteuerung wieder ein. In Ost-Berlin wurden die TM-Wagen nicht wieder für den Verbundbetrieb hergerichtet, denn die Ersatzteile für die Neuausrüstung hätten nunmehr aus dem Westen bezogen werden müssen.

Die BVG-Ost glich andererseits ab 1952 die Wagenserien wieder an. Alle Kabel wurden nach TM-36-Vorbild bei den TM 33 und 34 in Dachkanäle verlegt, die Verkleidung aber bei den TM 36 entfernt. Ebenso wurde die elektrische Ausrüstung vereinheitlicht und mit DDR-Technik versehen. Damit glichen sich wieder die Schützenwagen untereinander und konnten nur noch an der Wagennummer unterschieden werden.

In West-Berlin wurden die Verbundzüge wie in Vorkriegszeiten eingesetzt. Häufig waren sie mit Beiwagen verschiedenster Baureihen als Dreiwagen-Züge unterwegs. Ein Schwerpunkt des Einsatzes waren die Straßenbahnlinien nach Spandau. Dort trugen die TM-Verbundzüge bis zum Ende der West-Berliner Straßenbahn am 2. Oktober 1967 die Hauptlast des Verkehrs. In den letzten beiden Jahren des West-Berliner Betriebs stützte sich die BVG – von den wenigen Nachkriegsneubaufahrzeugen abgesehen – ausschließlich auf diese Bauart. Im Ostteil waren die TM-Wagen bis 1970 im Fahrgastbetrieb, danach sind viele zu Arbeitstriebwagen umgebaut worden. Die meisten TM-Wagen waren Grundlage für die neuen „Reko“-Fahrzeuge der BVG-Ost, wobei nur Teile der elektrischen Ausrüstung übernommen werden konnten. Die Wagenkästen waren Neubauten.

Einige wenige TM-Wagen haben als Museumsfahrzeuge überlebt. Sie werden in Berlin vom Denkmalpflege-Verein Nahverkehr Berlin (DVN) betreut, einige Triebwagen fahren auf Museumsbahnen in den USA.

  • Ralf Ball: Die Berliner Mitteleinstiegswagen der Bauart 1927. In: Denkmalpflege-Verein Nahverkehr Berlin e. V. (Hrsg.): Tram Geschichte(n). Von der 3 zur 23. Verlag GVE, Berlin 1995, ISBN 3-89218-033-4.
  • Heinz Jung et al.: Die “Schützenwagen”. In: Berliner Verkehrsblätter. Heft 3, 1963.
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