Furchenwale

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Furchenwale

Springender Buckelwal

Systematik
Klasse: Säugetiere (Mammalia)
Unterklasse: Höhere Säugetiere (Eutheria)
Überordnung: Laurasiatheria
Ordnung: Wale (Cetacea)
Unterordnung: Bartenwale (Mysticeti)
Familie: Furchenwale
Wissenschaftlicher Name
Balaenopteridae
Gray, 1864

Die Furchenwale (Balaenopteridae; lateinisch balaena „Wal“ zu gleichbedeutend altgriechisch φάλ[λ]αινα phál[l]aina) sind eine Familie der Bartenwale. Hierzu gehören die größten aller Wale und damit die größten lebenden Tiere überhaupt.

Die je nach Systematik acht bis zehn Arten sind zwischen 7 und 33 m lang. Von den Glattwalen, der anderen großen Familie der Bartenwale, unterscheiden sie sich durch das Vorhandensein einer Rückenflosse, eine schlankere Gestalt, deutlich kürzere und breitere Barten sowie die namengebenden Kehlfurchen. Die Furchen sind Längsfalten, die von der Kehle über die Brust bis zur Körpermitte laufen; jede der 10–100 Furchen ist etwa 5 cm tief; sie dehnen sich aus, wenn der Wal sein Maul zur Aufnahme von Wasser öffnet, so dass es zu einer beträchtlichen Vergrößerung des Rachenraums kommt. Furchenwale öffnen ihr Maul bis zu einem Winkel von 90°, was durch einen besonderen Aufbau des Kiefers ermöglicht wird. Der Kopf und der Kiefer nehmen ungefähr ein Viertel der gesamten Körperlänge ein.[1]

Furchenwale sind schnelle Schwimmer. Sie unternehmen große Wanderungen, bei denen sie zwischen warmen und kalten Klimazonen wechseln. Daher sind Furchenwale in allen großen Ozeanen verbreitet, meiden aber kleine Nebenmeere.

Durch die Erweiterung des Rachenraums können die Wale innerhalb weniger Sekunden mehr Wasser aufnehmen als ihr eigenes Körpergewicht beträgt. Beim Auspressen des Wassers, was etwa eine Minute dauert, bleiben dann bei den großen Walen für jeden Vorgang etwa zehn Kilogramm Krill und Fische an den Barten hängen. Innerhalb eines einzigen Tauchganges kann das mehrfach geschehen. Dies ist für den Wal jedoch sehr anstrengend, weswegen diese Tauchgänge nur relativ kurz sind (15–20 Minuten).

Die Furchenwale spielten stets eine bedeutende ökologische Rolle. Allein in der antarktischen Region wurden jährlich über 100 Millionen Tonnen Krill durch große Wale gefressen. Durch das Fehlen der Wale nahm die Masse des Krills erheblich zu und ermöglichte anderen Tieren wie zum Beispiel den Krabbenfressern eine Bestandsexplosion.

Der 2003 erstmals beschriebene Omurawal wurde zunächst als kleinerer Brydewal angesehen. Genanalysen von Gewebeproben zeigten jedoch, dass es sich um eine eigene Art handelt.[3] Der Status des ebenfalls als eigene Art vorgeschlagenen Edenwal ist unklar, aktuell wird er noch dem Brydewal zugeschlagen.[2] Erst Anfang 2021 wurde der im Golf von Mexiko lebende Rice-Brydewal als eigene Art erstbeschrieben.[4]

Eine 2018 veröffentlichte genetische Studie, die auf dem Vergleich des kompletten Erbguts des Blauwals und anderer Furchenwale beruht, ergab, dass der Buckelwal, der bisher in eine eigenständige Gattung gestellt wurde, eng mit dem Finnwal verwandt ist. Außerdem haben sich die Furchenwalarten während ihrer Evolution immer wieder über die entstehenden Artgrenzen hinweg miteinander gepaart, da es im offenen Ozean keine natürlichen Barrieren gibt. Es fand also keine Allopatrische Artbildung statt.[5]

Der Grauwal (Eschrichtius robustus), der 1951 in eine eigene Familie (Eschrichtiidae) gestellt wurde, ist die Schwestergruppe einer Klade aller Furchenwale mit Ausnahme der beiden Zwergwalarten.[6] Die American Society of Mammalogists listet den Grauwal deshalb ebenfalls als eine Art der Furchenwale.[7]

Die Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb der Furchenwale zeigt das folgende Kladogramm nach McGowen et al. (2020):[6]

 Furchenwale 






Seiwal (Balaenoptera borealis)


   

Brydewal (Balaenoptera edeni)



   

Omurawal (Balaenoptera omurai)



   

Blauwal (Balaenoptera musculus)



   

Finnwal (Balaenoptera physalus)


   

Buckelwal (Megaptera novaeangliae)




   

Grauwal (Eschrichtius robustus)



   

Nördlicher Zwergwal (Balaenoptera acutorostrata)


   

Südlicher Zwergwal (Balaenoptera bonaerensis)




Vorlage:Klade/Wartung/Style

Auch der 1989 in Groß Pampau (Schleswig-Holstein) entdeckte Pampauwal Praemegaptera pampauensis aus dem Miozän wird in die Familie der Furchenwale gestellt.[8]

Bedrohung und Schutz

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Alle Furchenwale wurden wegen ihres Trans und ihres Fleisches heftig bejagt. Zwar galten sie wegen ihrer dünneren Fettschicht als weniger wertvoll als die Glattwale, doch nachdem die Glattwale weitgehend ausgerottet waren, ging man zur Jagd auf Furchenwale über. Dadurch wurden vor allem die großen Arten wie Blauwal, Finnwal und Buckelwal an den Rand des Aussterbens gebracht. Seit 1986 sind sie geschützt, allerdings werden Zwergwale weiterhin gejagt. Auch Seiwale werden, den Schutzbestimmungen zum Trotz, im Rahmen eines umstrittenen[9] Forschungsprogrammes der Internationalen Walfangkommission (IWC) von Japan und Island nach wie vor bejagt – obschon in ungleich kleinerem Maßstab.

Die folgende Tabelle zeigt den Gefährdungsstatus und geschätzte Populationsgrößen und -trends der Furchenwalarten gemäß der roten Liste gefährdeter Arten der IUCN. Da die Abschätzungen oft sehr schwierig sind, können sich die Zahlen je nach Studie unterscheiden und sind als grobe Orientierung zu verstehen. Die geschätzte Populationsgröße bezieht sich auf die globale Population, die allerdings in mehrere kleinere, verschieden stark gefährdete Populationen aufgeteilt sein kann.

Art IUCN-Gefährdungsstatus[10] geschätzte Populationsgröße[10] geschätzter

Populationstrend[10]

Blauwal (Balaenoptera musculus) Endangered (stark gefährdet) 5.000–15.000 (Stand: 2018) zunehmend
Finnwal (Balaenoptera physalus) Vulnerable (gefährdet) 100.000 (Stand: 2018) zunehmend
Seiwal (Balaenoptera borealis) Endangered (stark gefährdet) 50.000 (Stand: 2018) zunehmend
Omurawal (Balaenoptera omurai) Data Deficient (ungenügende Datengrundlage) unbekannt unbekannt
Brydewal (Balaenoptera edeni;

Synonym: Balaenoptera brydei)

Least Concern (nicht gefährdet) unbekannt unbekannt
Nördlicher Zwergwal (Balaenoptera acutorostrata) Least Concern (nicht gefährdet) 200.000 (Stand: 2018) unbekannt
Südlicher Zwergwal (Balaenoptera bonaerensis) Near Threatened (potenziell gefährdet) unbekannt unbekannt
Buckelwal (Megaptera novaeangliae) Least Concern (nicht gefährdet) 84.000 (Stand: 2018) zunehmend
Commons: Furchenwale – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Furchenwal – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Goldbogen, Spektrum der Wissenschaft 10/2010
  2. a b T.A. Deméré: Family Balaenopteridae (Rorquals); Bryde's Whale Balaenoptera edeni In: Don E. Wilson, Russell A. Mittermeier: Handbook of the Mammals of the World. 4. Sea Mammals. Lynx Edicions, Barcelona 2014; S. 289–290. ISBN 978-84-96553-93-4.
  3. Shiro Wada, Masayuki Oishi, Tadasu K. Yamada: A newly discovered species of living baleen whale. In: Nature. Band 426, 2003, S. 278–281, doi:10.1038/nature02103 (englisch, kahaku.go.jp [PDF]).
  4. Patricia E. Rosel, Lynsey A. Wilcox, Tadasu K. Yamada, Keith D. Mullin: A new species of baleen whale (Balaenoptera) from the Gulf of Mexico, with a review of its geographic distribution. Marine Mammal Science, Januar 2021, doi:10.1111/mms.12776
  5. Úlfur Árnason, Fritjof Lammers, Vikas Kumar, Maria A. Nilsson and Axel Janke. Whole genome sequencing of the blue whale and other rorquals find signatures for introgressive gene flow. Science Advances 04 Apr 2018, Vol. 4, no. 4, doi:10.1126/sciadv.aap9873
  6. a b Michael R McGowen, Georgia Tsagkogeorga, Sandra Álvarez-Carretero, Mario dos Reis, Monika Struebig, Robert Deaville, Paul D Jepson, Simon Jarman, Andrea Polanowski, Phillip A Morin u. Stephen J Rossiter: Phylogenomic Resolution of the Cetacean Tree of Life Using Target Sequence Capture. Systematic Biology, Volume 69, Issue 3, Mai 2020, S. 479–501, doi:10.1093/sysbio/syz068
  7. Eschrichtius robustus in der Mammal Diversity Database der American Society of Mammalogists
  8. Günther Behrmann: Der Bartenwal aus dem Miozän von Gr.-Pampau (Schleswig-Holstein). In: Geschiebekunde aktuell. 11, Nr. 4, 1995, S. 119–126, hdl:10013/epic.10844.d001 (pdf; 1 MB).
  9. In etwa seitens des WWF, siehe [1]@1@2Vorlage:Toter Link/www.panda.org (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis..
  10. a b c The IUCN Red List of Threatened Species. Abgerufen am 12. November 2020.