Gomphotherien

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Gomphotherien

Gomphotherium angustidens

Zeitliches Auftreten
oberes Oligozän bis Pleistozän
Hauptverbreitung im Miozän
28,4 Mio. Jahre bis 11.000 Jahre
Fundorte
Systematik
Paenungulata
Tethytheria
Rüsseltiere (Proboscidea)
Elephantimorpha
Elephantida
Gomphotherien
Wissenschaftlicher Name
Gomphotheriidae
Hay, 1922

Die Gomphotherien (Gomphotheriidae) stellen eine ausgestorbene Familie der Rüsseltiere dar. Sie lebten im Tertiär und im Quartär und bilden neben den Deinotherien (Deinotheriidae), den Mammutiden (Mammutidae) und den Stegodonten (Stegodontidae) eine der vier großen ausgestorbenen Linien der frühen Rüsseltiere. Frühe Gomphotherien besaßen vier Stoßzähne und höckrige Backenzähne. Spätere Formen hatten nur noch zwei Stoßzähne im Oberkiefer und teilweise Backenzähne mit lamellenartigen Zahnstrukturen. Die Gomphotherien sind wahrscheinlich paraphyletisch und stellen die Stammgruppe der moderneren Rüsseltiere wie Stegodonten und Elefanten (Elephantidae) dar, schließen diese also in ihrer weitesten Definition mit ein.[1][2]

Entwicklungsgeschichte

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine der frühesten Formen war möglicherweise Phiomia. Diese Gattung war noch auf das Ursprungsgebiet der Familie beschränkt und kam nur in Afrika vor, doch mit der Gattung Gomphotherium erreichten die Gomphotherien im Miozän als erste Rüsseltiere Eurasien. Von dort aus breiteten sie sich bis nach Nordamerika aus, das im Tertiär zeitweise mit Asien verbunden war. Bei dieser frühen Gattung waren die vier Stoßzähne nahezu gerade ausgerichtet. Die unteren standen meist nahe nebeneinander im länglichen, schmalen Unterkiefer und konnten wohl wie eine Schaufel eingesetzt werden. Die oberen Stoßzähne waren von einem Schmelzband überzogen, das vermutlich die Stoßzähne aller früheren Rüsseltiere bedeckte, aber bei den heutigen Elefanten verschwunden ist. Sie glichen Hauern und dienten wahrscheinlich zum Graben.

Spätere Formen wie Anancus und Tetralophodon (ursprünglich auch tetralophodonte Gomphotherien genannt) hatten nur noch Stoßzähne im Oberkiefer und erinnern mit ihren längeren Beinen und dem verkürzten Schädel schon wesentlich mehr an Elefanten als die frühen Gomphotherien, sie werden daher heute als Vertreter der Elephantoidea eingestuft (die gemeinsame Gruppe der Stegodonten, Elefanten und ihrer unmittelbaren Verwandten). Die Gattungen Notiomastodon und Cuvieronius aus dem Pleistozän Südamerikas überlebten bis zum Erscheinen der ersten Menschen auf dem Kontinent und starben erst vor wenigen Tausend Jahren aus. Die meisten Gomphotherien hatten zitzenförmige Backenzähne, während die Elefanten durch Backenzähne mit einer lamellenartigen Kauoberfläche gekennzeichnet sind.

Dennoch ist die Stellung der Gomphotherien in der Rüsseltiersystematik unsicher. Sie umfassen eine große Gruppe von Rüsseltieren, die über einen langen Zeitraum fast weltweit vertreten war. Durch ihre langgestreckte Schädelform und die meist geraden Stoßzähne unterscheiden sie sich von den anderen frühen Rüsseltieren. Auch deshalb wurden sie zur Gruppe der Gomphotheriidae zusammengefasst.

Eine auffällige Gruppe bilden die Amebelodontinae (Schaufelelefanten), die manchmal auch als eigenständige Familie angesehen werden. Bei ihnen sind die beiden unteren Stoßzähne zu einer Schaufel verwachsen, mit der die Tiere vermutlich im schlammigen Boden von Gewässern nach Wasserpflanzen gruben. Bekannte Vertreter der Schaufelelefanten sind Platybelodon aus Afrika und Asien sowie der amerikanische Amebelodon. In Europa wurde die Urform der Schaufelelefanten gefunden: Archaeobelodon, der vor 15 Millionen Jahren lebte. 2004 gelang es Paläontologen aus Augsburg, ein fast komplettes Skelett auszugraben. In Paris ist die weltweit einzige Skelettmontage eines Archaeobelodon filholi zu sehen; es steht im "Muséum national d'histoire naturelle" im Jardin des Plantes. Die dortige "Galerie d'Anatomie comparée et de Paléontologie" zeigt eine Museumssammlung von rezenten und fossilen Skeletten, die 1898 eröffnet wurde.

Die Gomphotherien gliedern sich folgendermaßen:[3][4][5][6][7][8][9][10][11][12]

  • Familie: Gomphotheriidae Hay, 1922
  • M. T. Alberdi, J. L. Prado, E. Ortiz-Jaureguizar, P. Posadas, M. Donato: Historical Biogeography of Trilophodont Gomphotheres (Mammalia, Proboscidea) Reconstructed Applying Dispersion-Vicariance Analysis. In: E. Díaz-Martínez, I. Rábano (Hrsg.): Proceedings of the 4th European Meeting on the Palaeontology and Stratigraphy of Latin America. Zaragoza, Spain, 17 – 19 September 2007. Instituto Geológico y Minero de España, Madrid 2007, ISBN 978-84-7840-707-1, S. 9–14 (Cuadernos del Museo Geominero 8), (PDF; 65 kB).
  • Henry Fairfield Osborn: Proboscidea. A monograph of the discovery, evolution, migration and extinction of the mastodonts and elephants of the world. The American Museum Press, New York NY 1936.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Pascal Tassy: The earliest gomphotheres. In: Jeheskel Shoshani und Pascal Tassy (Hrsg.): The Proboscidea. Evolution and palaeoecology of the Elephants and their relatives. Oxford, New York, Tokyo, 1996, S. 89–91
  2. Dimila Mothé, Leonardo S. Avilla, Mário Cozzuol und Gisele R. Winck: Taxonomic revision of the Quaternary gomphotheres (Mammalia: Proboscidea: Gomphotheriidae) from the South American lowlands. Quaternary International 276, 2012, S. 2–7
  3. Jeheskel Shoshani und Pascal Tassy: Advances in proboscidean taxonomy & classification, anatomy & physiology, and ecology & behavior Quaternary International 126–128, 2005, S. 5–20
  4. María Teresa Alberdi, José Luis Prado, Edgardo Ortiz-Jaureguizar, Paula Posadas und Mariano Donato: Paleobiogeography of trilophodont gomphotheres (Mammalia: Proboscidea). A reconstruction applying DIVA (Dispersion-Vicariance Analysis). Revista Mexicana de Ciencias Geológicas 28 (2), 2011, S. 235–244
  5. Jan van der Made: The evolution of the elephants and their relatives in the context of a changing climate and geography. In: Harald Meller (Hrsg.): Elefantenreich. Eine Fossilwelt in Europa. Halle/Saale, 2010, S. 340–360
  6. William J. Sanders, Emmanuel Gheerbrant, John M. Harris, Haruo Saegusa und Cyrille Delmer: Proboscidea. In: Lars Werdelin und William Joseph Sanders (Hrsg.): Cenozoic Mammals of Africa. University of California Press, Berkeley, London, New York, 2010, S. 161–251
  7. Wang Yuan, Jin ChangZhu, Deng ChengLong, Wei GuangBiao und Yan YaLing: The first Sinomastodon (Gomphotheriidae, Proboscidea) skull from the Quaternary in China. Chinese Science Bulletin 57 (36), 2012, S. 4726–4734
  8. George E. Konidaris, Ocrates J. Roussiakis, George E. Theodorou und George D. Koufus: The Eurasian Occurrence of the Shovel-Tusker Konobelodon(Mammalia, Proboscidea) as Illuminated by its Presence in the Late Miocene of Pikermi (Greece). Journal of Vertebrate Paleontology 34 (6), 2014, S. 1437–1453
  9. W. David Lambert: Eurybelodon shoshanii, an unusual new shovel-tusked gomphothere (Mammalia, Proboscidea) from the late Miocene of Oregon. Journal of Vertebrate Paleontology 2016, S. e1091352 doi:10.1080/02724634.2016.1091352
  10. W. David Lambert: New tetralophodont gomphothere material from American Tetralophodon. Journal of Vertebrate Paleontology 27 (3), 2007, S. 676–682
  11. Shi-Qi Wang, Tao Deng, Jie Ye, Wen He und Shan-Qin Chen: Morphological and ecological diversity of Amebelodontidae (Proboscidea, Mammalia) revealed by a Miocene fossil accumulation of an upper-tuskless proboscidean. Journal of Systematic Palaeontology, 2016 doi:10.1080/14772019.2016.1208687
  12. Steven R. May: The Lapara Creek Fauna: Early Clarendonian of south Texas, USA. Palaeontologia Electronica 22 (1), 2019, S. 22.1.15A (S. 1–129, hier 42–62) doi:10.26879/929
Commons: Gomphotherien (Gomphotheriidae) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien