Joe May

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Joe May anlässlich seines 39. Geburtstags 1919

Joe May, eigentlich: Julius Otto Mandl, Pseudonym Fred Majo, (* 7. November 1880 in Wien; † 29. April 1954 in Hollywood) war ein österreichischer Filmregisseur und -produzent. Er gehört zu den Pionieren des deutschen Films.

Leben und Wirken

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Frühe Phase: Etablierung von Detektivserien

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Der Sohn einer reichen jüdischen österreichischen Familie[1] studierte zunächst in Berlin und heiratete im Jahr 1907[2] die Wiener Schauspielerin Hermine Pfleger, die sich später Mia May nannte. Danach übte er verschiedene Gelegenheitsjobs aus, so in der Textilbranche in Triest und als Autoverkäufer. Ab 1909 war er Operettenregisseur in Hamburg, wo er 1910 auch mit dem Film in Berührung kam und ab 1912 Regie führte. Sein erster Film war hierbei In der Tiefe des Schachtes. Für seine Frau Mia May war es ebenfalls die erste Filmrolle.[3]

1914 begann er als Joe May bei der Berliner Continental Kunstfilm mit der Herstellung einer Filmserie rund um den Detektiv „Stuart Webbs“. Sie war mit Ernst Reicher in der Rolle des Detektivs sehr erfolgreich und machte dieses Genre im deutschen Sprachraum populär.[Anm. 1] Im Jahr 1915 gründete May seine erste Filmfirma, die May-Film Julius Otto Mandl[4], der im März 1916 die May-Film GmbH folgte[5], und setzte die Produktion von Detektivserien erfolgreich fort. Der Detektiv hieß ab nun „Joe Deebs“ und wurde von Max Landa, später auch von Harry Liedtke verkörpert. Weitere Produktionen waren Melodramen und Gesellschaftsstücke mit seiner Frau in der Hauptrolle. Einige Filme der Joe-Deebs-Serie ließ er von Harry Piel drehen.

Joe und Mia Mays gemeinsame Tochter Eva May (1902–1924) war ab 1917 ebenfalls als Filmschauspielerin tätig. Sie beging jedoch mit 22 Jahren Selbstmord, woraufhin sich Mia aus dem Filmgeschäft zurückzog.

1917 brachte Joe May Fritz Lang ins Filmgeschäft, den er ebenso entdeckte und förderte wie dessen spätere Frau Thea von Harbou und E. A. Dupont. Fritz Lang schrieb für einen Teil der Joe-Deebs-Serie (Die Hochzeit im Excentric-Club) das Drehbuch und war dann noch häufig für May tätig.

Regiekarriere in der Weimarer Republik

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Nach Kriegsende 1918 ließ Joe May seine eigene „Filmstadt“ in Woltersdorf (bei Berlin) bauen und drehte dort die damals beliebten Abenteuer- und Historienfilme mit exotischem Flair, womit er die deutsche Monumentalfilmzeit einleitete: Veritas vincit (1918), das achtteilige Kolossalwerk Die Herrin der Welt sowie den Zweiteiler Das indische Grabmal 1921. Für letzteren stammte das Drehbuch von Fritz Lang und seiner damaligen Ehefrau und Partnerin im Filmgeschäft, Thea von Harbou. Lang, der diesen Stoff eigentlich selbst hatte verfilmen wollen und dem dies auch von dem Produzenten Joe May zunächst zugesagt, dann aber verwehrt worden war, drehte auf Grundlage desselben Drehbuchs in den Jahren 1958/59 eine Neuverfilmung, ebenfalls in zwei Teilen, Der Tiger von Eschnapur und Das indische Grabmal.

1923 inszenierte Joe May das vierteilige Gesellschaftsdrama Tragödie der Liebe – seinen künstlerisch erfolgreichsten Film, der in der Vollkommenheit alles bot, was der damalige Entwicklungsstand des Films erforderte. In seinen weiteren Filmen wandte sich Joe May realistischen Themen zu und schuf unter anderem die bemerkenswerten Filme Heimkehr und Asphalt (beide 1928) mit sozialkritischer und expressionistischer Tendenz. Als einer der erfolgreichsten und bedeutendsten Filmpioniere des deutschen Films besuchte er noch im selben Jahr die Filmstudios von Hollywood, um sich mit den Neuerungen des Tonfilms vertraut zu machen. Zurück in Deutschland, setzte er seine Regisseurskarriere mit leichteren Unterhaltungsfilmen fort.

Emigration und Versuche, in Hollywood Fuß zu fassen

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Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 emigrierte er nach London. Dort erhielt er ein Jahr später ein Angebot des früheren UFA-Produktionsleiters Erich Pommer, bei der Fox Corporation einen Film zu inszenieren. Er nahm das Angebot an, und so entstand der erste Hollywoodfilm, der unter maßgeblicher Beteiligung von Flüchtlingen vor dem Nationalsozialismus entstand: Music in the Air. Auch Billy Wilder, den er bei der Emigration unterstützte, wirkte als Drehbuchautor bereits in diesem Film mit, der allerdings kommerziell ein[6] Flop war.

In weiterer Folge hatte es Joe May jedoch schwerer, in Hollywood eine neue Karriere zu starten, da er bereits über 50 Jahre alt war und eine Arbeitsweise als selbständiger Produzent gewohnt war, was im Studiosystem nicht möglich war. Wohl auch deshalb stieß er bei vielen Studiobossen auf Misstrauen. Selbst die Regie bei Music in the Air (Warner Bros.) bekam er nur auf Betreiben Pommers. Studioboss Jack L. Warner behielt stets Ressentiments gegenüber Joe May, wie aus Memos und Schreiben von und an Warner hervorgeht. Immer wieder ist auch von einem schlechten Ruf die Rede, der May vorauseile – möglicherweise zurückgehend auf Mays Hollywood-Reisen 1928 und 1930. Bei Dreharbeiten, etwa zu Confession (1937), zog er regelmäßig auch den Ärger der Produktionschefs und Unit Manager auf sich, die zu überwachen haben, dass eine Produktion im Sinne des Studios abläuft, da er den Film bereits „mit der Kamera schnitt“ – sich also selbst ins Bild stellte, wenn ein Schnitt stattfinden sollte. Eine Vorgehensweise, die auch andere Exilanten wie Henry Koster, Robert Siodmak oder Max Ophüls angewandt haben, um durchzusetzen, dass der Film in ihrem Sinne geschnitten wird. Zudem benötigte er noch lange einen Dolmetscher – Wolfgang Reinhardt, der älteste Sohn Max Reinhardts, dolmetschte für ihn bei Warner Bros.[7]

Nachdem seinen ersten Filmen der Erfolg verwehrt geblieben war, hatte er sowohl seinen Kredit als auch seine gute Reputation von früheren Filmen verspielt. 1938 verhalf ihm jedoch Paul Kohner zu einem Platz bei den Universal Studios. Die dort gedrehten sechs Filme, die mit einem mittleren bis niedrigen B-Movie-Budget auskommen mussten, kamen über Achtungserfolge nicht hinaus. Mit Der Unsichtbare kehrt zurück, einem Film, der heute zu den Klassikern der Spezialeffekte der Universal zählt, gelang ihm gemeinsam mit Curt Siodmak jedoch ein Film voll Ironie und visueller Gags rund um die Figur des verrückten Wissenschaftlers, der zum Protagonisten einer Reihe von Nachfolgefilmen, Suspense-Thrillern und Horror-Grotesken wurde.

1943 entwarf May mit Fritz Kortner das Drehbuch zum Anti-Nazi-Film The Strange Death of Adolf Hitler, der mit einem Großaufgebot europäischer Exilanten aufwartete. May war ursprünglich auch für die Regie vorgesehen, musste diese jedoch nach zwei Wochen an James Hogan abgeben. 1944 führte May zu Johnny Doesn't Live Here Any More das letzte Mal Regie. Universal realisierte zwar 1948 noch ein Mal eines seiner Drehbücher – Buccaneer's Girl – doch bei Veröffentlichung des Films 1950 hatte May schon keine Aussicht mehr, in einem der Studios unterzukommen.

Verarmung nach Karriereende

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Mays Filmkarriere war beendet, und so versuchte er sich für seine letzten Jahre in einem anderen Metier. Er eröffnete gemeinsam mit seiner Frau auf dem South Robertson Square ein auf Wiener Küche spezialisiertes Restaurant, das „Blue Danube“. Das nur dank Finanzierung durch seine Freunde Hedy Lamarr, Otto Preminger, Walter Reisch, Henry Koster und Robert Siodmak zustande gekommene Restaurant musste jedoch bereits nach wenigen Wochen wieder schließen. Bis zu seinem Tod im Jahre 1954 waren May und seine Frau nun auf die Unterstützung ihrer Freunde und Kollegen sowie der Hilfsorganisation European Film Fund angewiesen.

Joe Mays Schwager Heinrich Eisenbach erlangte zuerst als Kabarettist, dann als Groteskkomiker („Wamperl“) und Schauspieler Bekanntheit im österreichischen Stummfilm.[8]

Im November 1990 widmete sich in Hamburg der 3. Internationale Filmhistorische Kongress von CineGraph Mays Werk unter dem Titel Agenten, Abenteurer & Amouren – Die Atelier-Welten des Regisseurs und Produzenten Joe May.

Ende November 2018 wandte sich das „Cinefest“ – Internationales Festival des deutschen Film-Erbes mit dem 31. CineGraph-Kongress noch einmal dem Werk Joes Mays als wichtigem Produzenten und Filmmogul zu. Dazu erschien 2019 in der cinefest-edition die von der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung restaurierte Fassung von Mays Zweiteiler Das Indische Grabmal erstmals in Deutschland auf DVD und Blu-ray.

„Was macht gerade May so wichtig?“, fragte Thomas Brandlmeier im film-dienst. "Im cineastischen Gedächtnis sind Murnau, Lang, Pabst und Lubitsch präsenter, weil ihre Werke verfügbar sind und oft aufgeführt werden. Doch sind sie nur die Spitze jenes Eisbergs, der 'Weimarer Kino' heißt. Ein ganz großer Brocken davon ist Joe May. Ein Größenwahnsinniger, ein Mogul, manchmal auch ein Künstler, der es schaffen wollte, ein deutsches Hollywood aufzubauen und den Weltmarkt zu erobern. Joe May war ein Industrieller mit Fantasie: 'Regie ist Organisation', so Joe May 1919. 'Regie ist für mich die Kunst, sich die Leute herbeizuziehen, die man braucht, und sie mit feinem Geist zu beleben. Ein guter Regisseur ist der, der es versteht, sich eine solche großzügige Organisation zu schaffen, das Räderwerk einer Maschine, die arbeitet und an deren Steuer er sitzt.'"[9]

Filmografie (Auswahl)

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als Regisseur, wenn nicht anders angegeben

  • Helmut G. Asper: „Etwas besseres als den Tod ...“. Filmexil in Hollywood. Porträts, Filme, Dokumente (= Edition Film-Dienst. Bd. 2). Schüren, Marburg 2002, ISBN 3-89472-362-9, S. 102–113.
  • Hans-Michael Bock, Claudia Lenssen (Red.): Joe May. Regisseur und Produzent (= CineGraph Buch). Edition Text + Kritik, München 1991, ISBN 3-88377-394-8.
  • Olaf Brill, Jörg Schöning (Redaktion): Meister des Weimarer Kinos. Joe May und das wandernde Bild. cinefest-Katalog. Hamburg 2018, ISBN 978-3-86916-787-9.
  • Bodo Fründt: Märchenhafte Schätze. Joe Mays „Herrin der Welt“ 1919. In: Peter Buchka (Hrsg.): Deutsche Augenblicke. Eine Bilderfolge zu einer Typologie des Films (= Off-Texte. Bd. 1). Belleville, München 1996, ISBN 3-923646-49-6, S. 30 f. (S. 31: Szenenbild), (zuerst: Süddeutsche Zeitung 1995).
  • Gerald Ramm: Als Woltersdorf noch Hollywood war. 2., korrigierte Auflage. Bock und Kübler, Woltersdorf 1993. ISBN 3-86155-024-5.
  • Gerald Ramm: Das märkische Grabmal. Vergessene Filmlegenden zweier Drehorte. Ramm, Woltersdorf 1997. ISBN 3-930958-06-6.
  • Swenja Schiemann, Erika Wottrich (Redaktion): Filmpionier und Mogul. Das Imperium des Joe May. (= CineGraph Buch). Edition Text + Kritik. München 2019. ISBN 978-3-86916-863-0.
  • Rudolf Ulrich: Österreicher in Hollywood. Ihr Beitrag zur Entwicklung des amerikanischen Films. Edition S, Wien 1993, ISBN 3-7046-0419-4, S. 194–195.
  • Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 5: L – N. Rudolf Lettinger – Lloyd Nolan. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 351 f.
  • Kay Weniger: 'Es wird im Leben dir mehr genommen als gegeben …'. Lexikon der aus Deutschland und Österreich emigrierten Filmschaffenden 1933 bis 1945. Eine Gesamtübersicht. S. 337 ff., ACABUS-Verlag, Hamburg 2011, ISBN 978-3-86282-049-8

Einzelnachweise

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  1. Marie-Theres Arnbom: Friedmann, Gutmann, Lieben, Mandl und Strakosch – fünf Familienporträts aus Wien vor 1938. 2., unveränderte Auflage. Böhlau, Wien (u. a.) 2003, ISBN 3-205-99373-X.
  2. Laut Eva Mays Taufeintrag wurden ihre Eltern Joe und Mia May nicht 1902, sondern erst 1907 getraut: Eva Mays Taufeintrag 09., Pfarre Rossau, Geburts- und Taufbuch, 01-30, Folio 50.
  3. Gerhard Lamprecht: Deutsche Stummfilme 1903–1912. Deutsche Kinemathek e. V., Berlin 1969, S. 340.
  4. HRA Nr. 43806, Eintrag im Berliner Handelsregister am 28. Juli 1915.
  5. Handelsregister Berlin HRB Nr. 14119
  6. Karen Thomas (Regie): Cinema's Exiles: From Hitler to Hollywood. Warner Home Video, Burbank, CA 2007, S. 30.
  7. Helmut G. Asper: „Etwas besseres als den Tod ...“. 2002, S. 102–108.
  8. Georg Wacks: Die Budapester Orpheumgesellschaft. Ein Varieté in Wien 1889–1919. Holzhausen, Wien 2002, ISBN 3-85493-054-2.
  9. Thomas Brandlmeier: Im Porträt: Regisseur Joe May. In: film-dienst. Abgerufen am 4. Dezember 2018.
  1. Am 8. Februar 1915 erfolgte im vornehmsten Kino Budapests (Corso-Mozi, 1911–1950, Váci utca 9/Waitzner Gasse 9) die ungarische Erstaufführung von Der Mann im Keller (A Rawson-ház titka). – Siehe: Theater, Kunst und Literatur. (…) „A Rawson-ház titka“. In: Pester Lloyd, Morgenblatt, Nr. 38/1915 (LXII. Jahrgang), 7. Februar 1915, S. 15, Mitte links. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/pel