AgustaWestland AW609

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AW609
Bell-Agusta BA609 auf der Paris Air Show 2007
Bell-Agusta BA609 (2007)
Typ Kipprotorflugzeug
Entwurfsland

Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten
Italien Italien

Hersteller Bell Helicopter
Agusta
Leonardo
Erstflug 7. März 2003
Indienststellung Zertifizierung ausstehend
Stückzahl 4 Prototypen (Stand: Februar 2017)

Die AgustaWestland AW609, früher Bell/Agusta BA609, ist ein senkrechtstartendes Kipprotor-Wandelflugzeug (engl.: Tilt Rotor) ähnlich der Bell-Boeing V-22. Seit 2011 wurde das Projekt von AgustaWestland betrieben.[1] Das Unternehmen wurde 2016 in den Rüstungskonzern Finmeccanica eingegliedert, welcher seit 2017 den Firmennamen Leonardo trägt.

Bell-Boeing stellte Ende 1996[2] das Konzept eines zivilen Kipprotor-Flugzeugs D-600 vor; der Erstflug als BB609 sollte aus damaliger Sicht im Jahr 1999 erfolgen und die Auslieferung ab 2001.[3] Im September 1998 gaben Bell und Agusta bekannt, das Projekt unter dem Namen BA609 fortzuführen und zeigten einen ersten Prototyp auf Ausstellungen.[4]

Zwei Unfälle der V-22 Osprey mit 23 Toten im April und Dezember 2000 verzögerten die eng verwandten Projekte,[5] finanzielle Kürzungen ebenfalls.[6] Die ersten Bodenversuche der BA609 begannen schließlich am 6. Dezember 2002. Der Erstflug erfolgte am 7. März 2003 in Arlington (Texas/USA) durch die Piloten Roy Hopkins und Dwayne Williams. Das Flugzeug ist für ein bis zwei Besatzungsmitglieder sowie bis zu neun Passagiere ausgelegt.

Aufgrund von Problemen in der Entwicklung bei der V-22 Osprey wurde auch dieses Projekt immer wieder verzögert, da es technisch eng mit der militärisch genutzten Osprey verwandt ist. So funktioniert beispielsweise die Übertragung der Signale für die Flugsteuerung ohne mechanische Teile. 2014 fanden unter der Aufsicht der Federal Aviation Administration erfolgreiche Autorotations-Tests in Texas statt.[7]

Die Verkehrszulassung durch die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) sowie die US-amerikanische FAA war für das Jahr 2017 geplant. Nach dem Unfall im Oktober 2015 (siehe Zwischenfälle) verzögerte sie sich mit Stand Mai 2018 bis mindestens Ende 2019.

Am 15. April 2016 wurden Tests am 1. Prototyp (A/C1) wieder aufgenommen. Am 4. Mai 2016 erfolgte erstmals ein Ground Run mit dem 3. Prototyp (A/C3) in Cascina Costa (Italien). Im Mai 2016 war der 4. Prototyp (A/C4) in Philadelphia, PA (USA) in der Bauphase.[8]

Im Februar 2018 gab Leonardo bekannt, dass das US-amerikanische Helikopterunternehmen ERA Group zwei Flugzeuge für das Jahr 2020 bestellt habe.[9]

Der vierte Prototyp mit dem Kennzeichen N609PH flog erstmals am 23. Dezember 2019 in Philadelphia im US-Bundesstaat Pennsylvania. Das Flugzeug ist das erste Exemplar des Musters, das dem Serienstandard entspricht und soll in der neuen Kategorie „Powered Lift“ der US-Luftfahrtbehörde FAA zugelassen werden.[10] Die Fertigstellung eines ersten seriell gefertigten Exemplars sollte 2021 erfolgen.[11][veraltet] Im 2023 wurde eine Zertifizierung im Jahr 2024 für möglich gehalten.[12]

Flugleistung im Vergleich

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Das Besondere an der AW609 ist, dass sie wie ein Hubschrauber senkrecht starten und landen kann, aber auch eine hohe Fluggeschwindigkeit erreicht. Dies wird durch zwei groß dimensionierte Triebwerke und die Bauweise mit Kipprotoren ermöglicht. Im Vergleich mit einem konventionellen Hubschrauber wie etwa dem HAL Dhruv, der bei einer Nutzlast von 2500 kg bis zu zwölf Passagiere aufnehmen kann, hat die AW609 ungefähr die doppelte Triebwerksleistung und das zweifache Leergewicht. Dafür ist sie jedoch mehr als doppelt so schnell und kann fast viermal so weit fliegen.

Am 30. Oktober 2015 stürzte der zweite Prototyp mit dem Luftfahrzeugkennzeichen N609AG nahe Santhià im Nordwesten Italiens bei einem Testflug ab. Beide Piloten kamen ums Leben.[13][14] Das Flugzeug zerbrach etwa 27 Minuten nach dem Start in der Luft, während die Piloten einen Sturzflug bei hoher Geschwindigkeit – 293 Knoten (542 km/h) – ausführten.[15] Auf dem Unglücksflug wurden erstmals Modifikationen am Heck sowie an den flugmechanischen Steuerungsregeln getestet. Diese führten den Untersuchungsbehörden zufolge während des Sturzflugs zu einer Taumelschwingung, d. h. zu einem abwechselnden Schwingen um die Längs- und Hochachse, was letztlich zum Auseinanderbrechen des Prototyps führte. Im Juni 2016 wurde bekanntgegeben, der Hersteller müsse auf Basis der Erkenntnisse zum einen seine Computermodelle zur Vorherberechnung des Flugverhaltens überprüfen und zum anderen die Flugkontrollsysteme überarbeiten.[16] Die Flugerprobung wurde im August 2016 wieder aufgenommen.

Technische Daten

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BA609 auf der Paris Air Show 2007
Bell Agusta BA609
Kenngröße Daten[17]
Besatzung 1–2
Passagiere 6–9
Länge 14,10 m[18] (Angabe von AgustaWestland)
Höhe 4,5 m / 5,1 m[18] (Angabe von AgustaWestland)
Flügelspannweite 11,7 m
Rotordurchmesser 7,93 m
Gesamtbreite 18,29 m (Hauptrotoren laufend)
Leermasse 4765 kg
Nutzlast 2500 kg
Gesamtmasse 7260 kg (max.)
Startmasse 7631 kg (max.)
Triebwerke Pratt & Whitney PT6C-67A
Startleistung 2 × 1447 kW
Dauerleistung 2 × 1249 kW
Reisegeschwindigkeit 510 km/h (max.)
Schwebeflug ohne Bodeneffekt 1501 m (max.)
Flughöhe 7625 m (max.)
Reichweite 1296 km (max., Standardtanks)[18] (Angabe von AgustaWestland)
1390 km (max., mit Zusatztank, ohne Reserve)
Preis etwa 10 Mio. US-Dollar
Betriebskosten etwa 875 US-Dollar pro Stunde
Commons: AgustaWestland AW609 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Paris Air Show: AgustaWestland übernimmt BA609-Kipprotorprogramm. In: flugrevue.de. Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 25. Juni 2011.@1@2Vorlage:Toter Link/www.flugrevue.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  2. Ramon Lopez: Bell-Boeing agrees civil tilt-rotor. In: Headlines. Flight International, 30. Oktober 1996, S. 4, abgerufen am 2. Juni 2015 (englisch).
  3. Bell Boeing takes the wraps off the BB609 civil tilt-rotor. In: NBAA Show Report. Flight International, 27. November 1996, S. 10, abgerufen am 2. Juni 2015 (englisch).
  4. Agusta and Bell team on new programmes. In: Farnborough '98 Report. Flight International, 16. September 1998, S. 12, abgerufen am 2. Juni 2015 (englisch).
  5. Paul Lewis: Bell admits future of BA609 is tied to troubled V-22 Osprey. In: Business & General Aviation. Flight International, 26. März 2002, S. 30, abgerufen am 3. Juni 2015 (englisch): „Development of civil tiltrotor slows as maker confirms link with grounded military V-22“
  6. Cash shortage delays BA609 work. In: Business & General Aviation. Flight International, 19. März 2002, S. 6, abgerufen am 3. Juni 2015 (englisch): „The partners had hoped to get the first test tiltrotor airborne by June [2002], but this is looking increasingly unlikely.“
  7. AW609 tiltRotor aircraft completes autorotation trials gizmag.com, abgerufen am 29. April 2014
  8. http://www.leonardocompany.com/en/-/aw609-ground-run AW609 TiltRotor: Third Prototype Closer to Maiden Flight Following Ground Run. Leonardo, 4. Mai 2016, abgerufen am 1. Juli 2016.
  9. Era Group to mark entry of AW609 tiltrotor into the US commercial market. In: Press Releases and News. Leonardo S.p.A., 27. Februar 2018, abgerufen am 28. Februar 2018 (englisch): „Under the agreement, Era will take delivery of two AW609s plus training package in 2020.“
  10. Volker K. Thomalla: Leonardos Tiltrotor AW609 Nummer 4 fliegt. Aerobuzz.de, 27. Dezember 2019, abgerufen am 17. März 2021.
  11. Garrett Reim: Leonardo aims to finish first AW609 tiltrotor production example by end of 2021. Abgerufen am 22. August 2021 (englisch).
  12. https://www.flightglobal.com/helicopters/twin-tiltrotor-milestones-to-slip-into-2024-says-leonardo-helicopters/152347.article
  13. FlightGlobal: AW609 crash kills two pilots in northern Italy. Abgerufen am 30. Oktober 2015.
  14. Flugrevue: AW609 stürzt in Italien ab. Abgerufen am 30. Oktober 2015.
  15. Vertical Mag: AgustaWestland: AW609 was performing high-speed tests on day of crash. Abgerufen am 26. Juni 2016.
  16. FlightGlobal: AW609 control laws initiated 'Dutch roll': investigators. Abgerufen am 26. Juni 2016.
  17. BA609 TiltRotor. (PDF) Bell/Agusta Aerospace Company, 2004, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 4. Januar 2006; abgerufen am 20. Dezember 2017 (englisch).
  18. a b c AgustaWestland: AW609